Fast Fashion ist ein Begriff, der die Modewelt schon seit Jahren prägt. Und mal Hand aufs Herz: Die meisten von uns waren der ‘schnellen, günstigen Mode’ in Form von Zara, Primark und Co. bisher gnadenlos ausgesetzt. Deutsche Konsument:innen kaufen durchschnittliche 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr, und damit mehr als ein neues Kleidungsstück pro Woche! Laut Greenpeace tragen wir diese jedoch nur halb so lang wie noch vor 15 Jahren. Und um noch eins oben draufzusetzen, gibt es mittlerweile sogenannte Ultra Fast Fashion-Marken wie Asos und Misguided. Diese bieten sogar Kleidungsstücke an, die es ausschließlich auf dem Papier bzw. als reinen Entwurf gibt. Sobald ein tatsächlicher Bedarf besteht, können diese in Windeseile produziert werden.

An dieser Stelle haben wir uns gefragt, inwiefern die Fashionindustrie jetzt – post-Lockdown – noch genauso aussieht. Dominieren Fast- plus Ultra-Fast Fashion weiterhin die Bekleidungsindustrie, oder hat die Pandemie den Trend weitgehend und längerfristig verändert? Denn eine grundlegende Änderung ist doch eigentlich schon so lange überfällig. 

Die sich in Lichtgeschwindigkeit ablösenden Kollektionen mit ihrem unwiderstehlichen Marketing und Niedrigpreisen haben definitiv ihren Reiz. Doch zahlen wir mit dem Genuss der Fast-Fashion-Mode auch einen hohen Preis, auch wenn dieser möglicherweise auf den ersten Blick gar nicht so ersichtlich ist.

Bevor wir zukünftige Trends beleuchten und dir Tipps geben, wie du dich fairer einkleiden kannst (garantiert nicht auf Kosten deiner Fashion-Liebe!), hier nochmal ein kurzer Überblick darüber, welche (Haupt-)Probleme die Fast Fashion-Industrie mit sich bringt. 

Fast Fashion-Industrie

Die Schattenseiten der Fast Fashion

Ausbeutung der Arbeiter:innen in Produktionsländern

Es ist nicht neu, dass viele Fast-Fashion Ketten ihre Kleidungsstücke in Fabriken im Ausland, zumeist in Asien (#MadeInBangladesch), anfertigen lassen – und zwar unter entsetzlichen Arbeitsbedingungen, kaum Sicherheitsvorkehrungen und für eine unterirdische Bezahlung. Doch man muss nicht bis nach Asien gehen: Billige Mode wird teilweise auch in (Ex-)Europa unter übelsten Bedingungen hergestellt, wie aktuelle Berichte – wie dieser – über die Mode-Fabriken der britischen Stadt Leicester zeigen.

Gift für die Umwelt

Die Modeindustrie ist laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen für 10 Prozent der gesamten, durch die Menschheit verursachten, Kohlenstoffemission verantwortlich. Was sie zum fünftgrößten Verursacher von CO2-Emissionen insgesamt macht (OMG!). Zusätzlich gelangt Polyester, ein Kunststoff, der laut Greenpeace in 60 Prozent der Kleidungsstücke enthalten ist, beim Waschen in Form von Mikroplastik ins Abwasser, also in die Umwelt – und wird dort von Tieren und uns Menschen aufgenommen.

Der mit der Produktion von übermäßig viel Kleidung verbundene Wasserverbrauch und die damit einhergehende Umweltverschmutzung verschlimmern die Situation nur noch zusätzlich. Um ein einziges T-Shirt aus Baumwolle herzustellen, benötigt man mehr als 2.000 Liter Wasser. Nur zum Vergleich, das ist laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mehr als zwei Personen in einer ganzen Woche verbrauchen. Das gefärbte Wasser wird anschließend oft in Gräben, Gewässern oder Flüssen ‘entsorgt.  Zusätzlich exportiert Deutschland gefährliche Chemikalien in andere Länder, deren Verwendung in der EU verboten ist. Und diese Länder wiederum schicken die chemisch eingefärbten Waren dann zurück zu uns, so wie es Bundestagsabgeordnete Bettina Hoffmann, der Süddeutschen Zeitung mitgeteilt hat. 

Trugschluss Kleiderspende

Hast auch du in Corona-Hochzeiten mehrmals deinen Kleiderschrank nach Stücken durchforstet, die du weggeben bzw. spenden kannst (#Minimalismus)? Sehr wahrscheinlich sogar, wenn man die Menge an Kleidung betrachtet, die in den letzten 1.5 Jahren gespendet wurde. Kleidersammlungen in Deutschland verzeichnen laut der ​​Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mehr als eine Tonne jährlich an Spenden, was für NGOs wie die Kleiderstiftung ein großes Problem darstellt. Denn viele der Kleidungsstücke sind (dank Fast-Fashion) von so schlechter Qualität, dass sie nicht weiterverwendet werden können. Sie müssen stattdessen in Verbrennungsanlagen entsorgt werden, so der Verband FairWertung. 

Was hat Corona mit der Fashion-Industrie gemacht und zeichnet sich ein (positiver) Zukunftstrend ab?

Wie wir alle mitbekommen haben, hat Corona die Modebranche mit voller Wucht getroffen. Die sich abwechselnden Lockdowns, Angst vor Ansteckung sowie massenweise gecancellter Events, haben nicht gerade zum Klamotten-Shopping eingeladen. Einzig die Jogginghose hat die Pandemie gerockt und einen Aufschwung erlebt – sowie das ein oder andere vorzeigbare Oberteil, um im Videocall (wenigstens optisch) zu glänzen. Eventuell namentlich erwähnen kann man an dieser Stelle noch die treue Jack-Wolfskin-Multifunktionsjacke, denn Spazierengehen bei Wind und Wetter hatte sich dank Pandemie plötzlich zum Äquivalent zu „Lasst uns auf einen Drink treffen” entwickelt.
Einige Labels, besonders die, die hauptsächlich auf Store-Fronts zählen, sind auf Kleiderbergen sitzengeblieben und mussten in manchen Fällen sogar Insolvenz anmelden, wie beispielsweise Esprit und Galeria Kaufhof.

Auswirkungen Corona Fashionindustrie

Der Onlinemodehändler Zalando bietet beispielsweise seit kurzem einen Reparaturservice für Kleidung an. In diesem Rahmen agiert Zalando als Vermittler zwischen in Berlin ansässigen Schneidereien und der:dem Konsumenten:Konsumentin, um zur Reparatur von Kleidern statt dem Neukauf zu motivieren. Viola Wohlgemuth von Greenpeace hat gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland jedoch angedeutet, dass Zalando alles andere als nachhaltig sei und es sich wahrscheinlich lediglich um Greenwashing handle. 

Die verbliebenen Brands erholen sich gerade noch vom Down und man kann nur erahnen, wohin die Reise der Textilindustrie gehen wird. Wahrscheinlich, wie schon seit Jahren, noch stärker in Richtung Online-Shopping à la Asos, Shein und Co.

Doch mal vom Verkaufs-Medium abgesehen – die Pandemie und der damit verbundene Zwang zum Innehalten, hat uns allen eine Chance geboten, Produktionsbedingungen und Materialien der Modeindustrie erneut zu hinterfragen. Einige Marken gehen das Thema gewissenhaft an, setzen schon jetzt auf Biobaumwolle statt Polyester und färben umweltschonend. Andere hingegen versuchen Endverbraucher:innen das Gefühl zu vermitteln, faire Kleidung zu erwerben, die aber in Wirklichkeit gar nicht hält, was sie verspricht (oder nur zu einem sehr geringen Teil). Sie machen sich das Prinzip des Greenwashings zu eigen, bei dem Firmen Nachhaltigkeit als Kund:innenmagnet und reine Verkaufsstrategie benutzen. 

Mal die großen Trends der Industrie beiseite, was kannst du tun, um dich nicht mit der Welle der Fast-Fashion Industrie mitreißen zu lassen? Check’ hier unsere Tipps.

Tipps, um dich fairer zu kleiden (#VivaLaSlowFashion)

1. Entdecke die (fabelhafte) Welt der Secondhand-Mode

Wahrscheinlich denkst auch du als Erstes an Secondhand-Läden, sobald der Begriff ‘Nachhaltigkeit’ fällt. Laut Mia Marjanović, einer Ethical Fashion-Bloggerin und YouTuberin aus Berlin, die derzeit in England lebt, ist Secondhand-Shopping noch immer die nachhaltigste Form des Konsums.

„Mit Secondhand-Kleidung vermeidest du den Konsum von Neuware und hilfst dabei, den riesigen Berg an Textilabfällen zu reduzieren. Außerdem ist Vintage-Mode meist günstig, einzigartig und eigentlich echt leicht zu finden.”, so Mia im Interview mit HalloHappee.

Secondhand Shopping vs. Fast Fashion

Grundsätzlich hat das Internet Secondhand-Shopping bisher nur erleichtert (bzw. in Corona-Zeiten überhaupt erst ermöglicht) und uns Zugriff auf einen Teil der besten Auswahl Deutschlands gegeben, wie beispielsweise durch die Plattformen Mädchenflohmarkt, Vinted und Momox Fashion. Und auch Onlinehändler wie Otto’s About You sind mittlerweile ins Secondhand-Geschäft eingestiegen.

2. Miete deine Garderobe

Kleidung zu mieten, bedeutet im Klartext, dass du das fabulöse Outfit, in dem du dich so confident wie Taylor Swift fühlst, für einen Bruchteil des Originalpreises tragen kannst. Und anschließend lebt noch jemand anderes den Glamour, da die Kleider wieder zurückgehen und erneut ausgeliehen werden können.

Doch wo findest du passende Mietangebote? Schau’ gerne mal in der Kleiderei in Köln oder Freiburg vorbei und miete ganze vier Teile für nur 29 Euro im Monat. Oder alternativ bei Chic by Choice und Mud Jeans, um entweder ein smartes Kleid oder deine Lieblingsjeans zu leasen. 

3. Organisiere einen Kleidertausch

Laut einer Umfrage des Instituts Nuggets Market Research & Consulting GmbH, die im Auftrag von Greenpeace durchgeführt wurde, tragen wir 20 Prozent unserer Kleidungsstücke, oder jedes fünfte Teil in unserem Kleiderschrank, so gut wie nie. Warum also nicht die Klamotten, die deinen Schrank schon viel zu lange nicht verlassen haben (und noch fit sind), für einen Kleidertausch ‘rauslegen, damit andere auch noch was davon haben? Eventuell findest auch du noch ein echt cooles Teil, das dein Outfit perfektioniert.

So funktioniert ein easy Kleidertausch: 

  • Lade deine Freund:innen mit dem besten Fashion-Sense ein.
  • Biete nur Kleidung, Schuhe und Accessoires an, die in gutem Zustand sind.
  • Bring’ am Tag des Events jede: n dazu, seine Kleider so auszubreiten, dass alle Participants direkt die gesamte Auswahl sehen können. And go!
Tipps gegen Fast Fashion

4. Wähle langlebige Kleidung mit guter Qualität, die du oft tragen wirst

Lass’ uns ehrlich sein: Klar, tut’s ein bisschen weh, für den neuen Wollpulli 60 anstatt 20 Euro hinzulegen. Die Chancen stehen jedoch gut, dass du vom teureren Teil auch noch länger ‘was hast. Doch hey, wie kann man sehen, ob dieses jetzt auch gute Qualität hat? Zusätzlich zum Preis, spielt auch das Material eine Rolle (z.B. Baumwolle oder Leinen, statt Polyester und Acryl). Möchtest du sichergehen, dass dein Traumkleid auch wirklich aus Biobaumwolle besteht und außerdem unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde? Dann check’, dass es die richtigen Bio-Siegel hat, wie beispielsweise Global Organic Textile Standard (GOTS) und das Siegel IVN Best. Außerdem kannst du, solltest du schon ein Teil von derselben Marke besitzen, davon ausgehen, dass das neue Stück ein ähnliches Haltbarkeitsdatum besitzt. 

5. Upcycling, Baby

Was war jetzt nochmal Upcycling? Das Ganze funktioniert ganz nach dem Prinzip ‘aus alt macht neu’ und nutzt bestehende, aber schon ausrangierte Kleidungsstücke, die in ihre Einzelteile zerlegt und anschließend wieder zu etwas Neuem – wie beispielsweise einer Tasche, Kissenbezügen oder Vorhängen – zusammengesetzt werden. Du kannst dich entweder selbst am Upcycling versuchen und neue Items aus deinen abgelegten Stücken kreieren. Oder, solltest du keine Lust haben, dich kreativ zu betätigen, besteht immer noch die Möglichkeit, ein paar coole Upcycling-Labels zu checken, wie beispielsweise die in Hamburg ansässige Marke Bridge and Tunnel. Sie stellen schicke neue Produkte aus aussortierten Jeans her.

Ein paar abschließende Worte

Wir wissen alle, dass es schwer ist, dem Fast-Fashion Wahn mit seinen unschlagbaren Preisen und anziehendem Marketing zu widerstehen. Es fordert Awareness, Kreativität und Eigeninitiative. Deshalb erwartet auch niemand von dir, dass du plötzlich deine Kaufgewohnheiten mit einem Schlag um 180 Grad änderst. Doch jeder noch so kleine Beitrag und Schritt in Richtung Fair Fashion ist wertvoll und hilft unserem Planeten. 

Kategorien: #Life Hacks

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